ABA ist Missbrauch

Nein zu ABA

ABA - "Applied Behavior Analysis" - also auf den ersten Blick eine Art Verhaltenstherapie - klingt, so lange man sich nicht eingehender mit der Methodik und der dahinter liegenden Denkweise auseinandergesetzt hat, erst einmal sehr harmlos, ja sogar wie eine Chance. Dass man mit dieser naiven Einschätzung nicht weiter fehlen könnte, darauf möchte ich in diesem Beitrag näher eingehen.

 

Gründe für oder gegen eine Therapieform können oft schon an der grundlegenden Haltung der Personen, die diese entwickelt haben, abgeleitet werden. Betrachten wir die Hintergründe, stellen wir fest, dass sich ABA aus der sog. Konversionstherapie - also der "Heilung von Homosexualität" heraus entwickelt hat.

Ursprung in der Konversionstherapie

Bei dieser Therapieform wurde Homosexualität von einem äußeren gesellschaftlichen Standpunkt heraus als negativ, ja sogar einem zu "heilenden" Makel gewertet und entsprechende Methoden entwickelt, um diese vermeintliche Störung mit Belohnungen und Strafen - also durch Konditionierung - zu beseitigen.

Dabei steht nicht das Individuum und dessen Lebensqualität im Vordergrund - nein, es geht einzig und allein darum, den Menschen so zu manipulieren und umzuprogrammieren, dass dieser in der - vom Umfeld - gewünschten Art und Weise funktioniert. Besonders perfide an dieser Therapieform ist, dass sie einen Leidensdruck erzeugt, indem sie suggeriert, ein Problem zu haben - ja ein schlechter Mensch zu sein, den man ohne diesen Therapieansatz überhaupt nicht hätte.

Rückblickend von einer vernünftigen und modernen Betrachtungsweise ausgehend, kann man außerdem zu dem Schluss kommen, dass in einem toleranten und respektvollem Umfeld ein solcher Therapieansatz niemals Fuß fassen könnte. Es ist also vielmehr unsere intolerante Gesellschaft, die die Entwicklung solcher Methoden überhaupt erst ermöglicht.

Neue Zielgruppe, alte Herangehensweise

Zum Glück ist heutzutage eine Konversionstherapie in unserer Gesellschaft kein großes Thema mehr und begrenzt sich auf einige wenige Spinner, die noch immer glauben, Homosexualität heilen zu müssen. Andererseits mussten sich die Verfechter dieser Therapie nun auf die Suche nach einer anderen Opfergruppe begeben, da diesen ansonsten sowohl ihre Einnahmequelle, als auch Existenzgrundlage entzogen worden wäre. Wer wäre hier besser geeignet, als eine Opfergruppe, die sich nicht wehren kann?

Autismus per se als schlechte Eigenschaft und unbedingt zu heilenden Makel einzustufen, ist dabei ebenso abzulehnen, wie es vernünftige Menschen auch bei Homosexualität tun würden. Doch genau diese Denkweise bringen die Akteure der Konversationstherapie in die Autismustherapie mit. In Ihrer abstrusen Vorstellung ist Autismus ein Makel, eine Störung, die mit allen Mitteln geheilt werden muss.

Behinderung oder Andersartigkeit im Allgemeinen ist für diese Menschen etwas, das man nicht nach außen tragen darf. Es geht stets um den Anschein einer gewissen Makellosigkeit, um in der Gesellschaft anerkannt zu werden und um keinen Preis als "Anders" in Erscheinung zu treten. Hier findet eine Wertung statt, die in einer modernen und gleichberechtigen Welt eigentlich keinen Platz haben dürfte. Dies sind auch genau jene Personen, die Behinderte lieber in Einrichtungen verstecken, um nach außen hin eine heile Welt ohne Makel vorzugaukeln.

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Positive Therapien vs. ABA

Dabei möchte ich gar nicht unterschlagen, dass es durchaus gewisse Verhaltensweisen geben kann, die dringend behandelt werden müssen. Ich denke hier vor allem an selbst- bzw. fremdgefährdendes Verhalten. In diesem Kontext ist aber viel wichtiger herauszufinden, worin die Ursachen des Verhaltens liegen. Sind es vielleicht die Rahmenbedingungen, die das Kind derart überfordern, dass es nur mit Angriff, bzw. Verteitigung reagieren kann, wird es von anderen gehänselt, etc. Bevor wir also mit Gewalt eine Änderung des Kindes anstreben, sollte sich die Zeit und selbstverständlich auch die Liebe genommen werden, zu beleuchten, ob es vielleicht das Umfeld ist, das geändert werden muss.

Auch Therapien, die den Betroffenen im Fokus haben und eine Verbesserung dessen Lebensqualität anstreben, sind erstrebenswert. Problematisch wird es dann, wenn vom Umfeld (z. B. den Eltern) eine Anpassung aufgezwungen wird, die in erster Linie darauf abzielt, einen - für das Umfeld - besser handzuhabenden Autisten zu modellieren. Einen Autisten, der darauf konditioniert wird, für das Umfeld zu funktionieren.

Die fatalen Folgen

Dies hat mehrere fatale Auswirkungen. Zum Einen führt die ständige, negative Konnotation des "Ichs" des Betroffenen zu einem Verlust des Selbstwertgefühls - die Betroffenen fühlen sich schlecht, empfinden sich als nicht passend, störend, ja ungeliebt. Zum Anderen erhöht die Konditionierung das generelle Stresslevel des Autisten. Der Betroffene hinterfragt sein Verhalten ständig, ist immer in Hab-Acht-Stellung, etwas falsches zu tun oder zu sagen. Das Reptiliengehirn mit seiner Fight-or-Flight-Funktion ist ständig in Alarmbereitschaft, vor der nächsten möglichen Bestrafung - ein Leben in ständiger Angst ist hier die Folge.

Am Ende zeigt die Therapie dabei nach außen hin tatsächlich verwertbare Ergebnisse, die die Akteure gerne als "Erfolge" bewerben. Der "therapierte" Autist verhält sich durch das intensive und dauerhafte Training so, wie es von seinem Umfeld erwünscht ist. Zu glauben, dass damit Autismus geheilt werden kann, ist allerdings ein Trugschluss und - bitte entschuldigt meine Ausdrucksweise - meines Erachtens ziemlich dämlich.

Was nach außen hin wie eine Heilung wirkt, ist letztendlich nur eine reine Konditionierung. Der Autist kompensiert durch der Druck des intensiven Trainings die benannten und unerwünschten Verhaltensweisen. Dabei ist es egal, ob diese Verhaltensweisen tatsächlich schädlich, problematisch sind, oder einfach nur von außen als störend empfunden wurden. Kompensation kostet immer Energie - es ist also wichtig, zu welchem Preis man die Funktionalität des Autisten einfordert.

Auch fehlt bei ABA die notwendige Distanz und Abgrenzung einer Therapiesitzung zum persönlichen Alltagsleben. Die intensive und invasive Methodik setzt voraus, dass die Methoden engmaschig im Alltag von den Angehörigen, bzw. Betreuern weitergeführt werden. Die Autisten werden damit einer Dauerbelastung ausgesetzt, bei der sie irgendwann in der gewünschten Art und Weise gebrochen werden.

Hundetraining = Konditionierung

Ein kleiner praxisnaher Exkurs verdeutlich dies: Konditionierung wird z. B. auch beim Hundetraining eingesetzt. Es gibt eine Vielzahl verblüffender Kunststückchen, die Hunde nach einem intensiven Training aufführen können. Selbst das Gehen an der Leine oder Hören auf Kommandos erfordert ein intensives Training, das über die gesamte Lebensspanne des Hundes aufrechterhalten werden muss.

Niemand möchte abstreiten, dass ein solches Training Erfolge vorweist - am Ende ist aber auch ein konditionierter Hund in erster Linie ein Hund und kein selbstständig denkendes Wesen, das diese Kommandos freiwillig beherrscht.

Im Kontext von ABA muss ich mich also fragen, ob ich einen abgericheten und hörigen Menschen, der unter meiner Kontrolle steht, bevorzuge oder doch lieber eine freie, selbstbestimmte Person?

Vulnerable Zielgruppe

Gerade ABA zielt vor allem auf eine bestimmte Zielgruppe: Autisten mit erhöhtem Betreuungs- und Förderbedarf. Also genau jene Autisten, die oft nicht für sich selbst sprechen und ihre eigenen Bedürfnisse nur schwer kommunizieren können. Diese - oft - kleinen Kinder sind den Methoden dieser Therapie schutzlos ausgeliefert und auch die Eltern klammern sich oft an diesen letzten Strohhalm vermeintlicher Unterstützung.

Die Vertreter von ABA nutzen diese Notsituation und die damit verbundene Hilflosigkeit der Eltern schamlos aus. Die Verzweiflung der Eltern ist der Türöffner, um aus diesem zweifelhaften Konzept maximalen Profit zu schlagen. Die Hoffnung auf ein besseres Leben macht sie zu willfährigen Mittätern beim Missbrauch ihrer Kinder.

Als Eltern muss man sich deshalb stets folgende Fragen stellen

"Geht es tatsächlich um das Wohl meines Kindes, oder lediglich um meine eigene Bequemlichkeit?"

"Will ich ein lebendiges, lebensfrohes Kind, oder einen Roboter, der nach meinen eigenen Bedürfnissen funktioniert?"

Gibt es nicht doch andere, echte Hilfen, die der Problematik und dem Leiden auf den Grund gehen und genau dort ansetzen, ohne nur die Auswirkungen nach außen hin unsichtbar zu machen?

ABA ist Missbrauch

  • weil die freie Entwicklung des Individuums verhindert wird
  • weil der eigene Wille gebrochen wird
  • weil durch Bestrafung ein bestimmtes Verhalten erpresst wird
  • weil stets nur vermittelt wird, wie schlecht man sich verhält
  • weil die Bedürfnisse des Umfelds vor den Bedürfnissen des Kindes stehen
  • weil es nur um den Vorteil der anderen geht

Fazit

Dies war nur ein kurzer Abriss dessen, warum viele Autisten - und insbesondere diejenigen, die sich frei äußern können - sich gegen jegliche Form von ABA aussprechen. Warum diese Therapieform dennoch von vielen Verbänden, Einrichtungen, Therapiezentren, etc. befürwortet wird ist einfach zu erklären - von einer Partizipation auf Augenhöhe sind wir noch weit entfernt. Zudem ist es ein auskömmlicher Geschäftszweig, der Autisten produziert, die einfacher zu handhaben sind.

Habt ihr noch weitere Gründe, warum ABA für euch Missbrauch ist? Schickt sie mir gerne, damit ich die Liste erweitern kann. Habt Ihr selbst Missbrauch durch ABA durchlebt? Lasst es mich gerne wissen.

Update vom 21.08.2022

Beim Stöbern durch die Weiten des Internets bin ich zufällig auf einen tollen Artikel gestoßen, der vom Verlag Daniel Funk freundlicherweise aus dem englischen übersetzt wurde. Hier beschreibt eine Hundetrainerin ihre Erfahrungen bei Ihrer täglichen Arbeit mit Hunden und den zugrundeliegenden ethischen Vorgaben und vergleicht diese mit den Vorgaben und Praktiken beim Einsatz von ABA.

https://verlag-daniel-funk.de/index.php/2022/06/12/ist-aba-wirklich-hundetraining-fuer-kinder-eine-professionelle-hundetrainerin-meldet-sich-zu-wort/

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